Hu Fayun: "Über Viren kann man nicht triumphieren"

Shownotes

Ein anderes Interview als üblich. Via Mail wird korrespondiert; ein Mix aus Deutsch, Englisch, Chinesisch. Übersetzungsprogramme helfen sporadisch. Hu Fayun kennt die Epidemie. Der 71-jährige Schriftsteller aus Wuhan erzählt von der Corona-Krise, wie er sie einschätzt, welche Erfahrungen er gemacht hat und der Arroganz der Europäer.

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Hu Fayun kennt die Epidemie. Der 71-jährige Schriftsteller aus Wuhan erzählt von der Corona-Krise, wie er sie einschätzt und welche Erfahrungen er gemacht hat.

Wuhan. Die chinesische Großstadt, in der die Coronavirus-Pandemie nach bisherigen Erkenntnissen Ende vergangenen Jahres ausbrach.

Wuhan. Die Heimatstadt von Hu Fayun.

Hu Fayun liebt seine Heimatstadt – "Ich habe tiefe Gefühle für Wuhan." Er wurde 1949 in Wuhan geboren; seine Eltern waren Ärzte, die Familie ist eng mit der Stadt am Jangtse- und Han-Fluss verbunden. "Unsere Familie lebt seit mehr als 400 Jahren in Wuhan."

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Bekannte, Freunde besuchen, dem chinesischen Neujahrsfest beiwohnen. Partys wurden geplant, Tickets gebucht. Doch dann kam das Coronavirus. Freunde aus seiner Heimat rieten dem Paar von der Reise ab, sie sollten in Österreich bleiben. Es gäbe immer mehr schwere Krankheitsfälle, Patienten könnten nicht mehr behandelt werden – Yang Jun stornierte den Flug. Einen Tag später wurde Wuhan abgeriegelt.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Schmerz und Unbehagen machten sich bei Hu Fayun breit. Erinnerungen kehrten zurück. Schmerzvolle Erinnerungen.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Vor 13 Jahren veränderte eine Epidemie schon einmal Hu Fayuns Leben. Er schrieb einen Roman über das Sars-Virus. Ruyan@sars.come heißt das Buch. In dem Buch geht es gar nicht um das Virus an sich, sondern um das Leben der Hauptfigur Ruyan. Eine offene und ehrliche Frau, die über das Internet erfährt, wie Informationen zurückgehalten werden, wie politische Strukturen wirken. Kritische Fragen werden gelöscht, Blogeinträge zensiert. Ruyans Freiheit wird eingeschränkt.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen:

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Das Buch wird in China ein Erfolg. 2007 landet es dann auf einer Liste der staatlichen Zensur in China. Vier Jahre später erscheint der Roman auf Englisch – unter dem Titel "Such Is This World@sars.come"*, im Verlag Ragged Banner Press.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Es ist auch jener Verlag, der uns den Kontakt zu Hu Fayun vermittelt. Wir wollen wissen, wie der Schriftsteller die Corona-Krise wahrnimmt, wie er sie einschätzt, welche Erfahrungen er teilen möchte.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Es wird ein anderes Interview als üblich. Via Mail wird korrespondiert; ein Mix aus Deutsch, Englisch, Chinesisch. Übersetzungsprogramme helfen sporadisch.

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: "Ich machte mir Sorgen um meine Freunde, um meine Familie", erinnert sich Hu Fayun, als er vom Ausbruch des Virus hörte. "Ich machte mir Sorgen um all jene, die erkrankt waren, und um all jene, die noch nicht über das Virus informiert wurden."

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Er hoffte, dass sich die Lage bald stabilisieren würde, dass "die Epidemie so schnell wie möglich unter Kontrolle gebracht wird." Der 71-Jährige hat lange gehofft – "Die Nachrichten, die ich jeden Tag hörte, waren lange Zeit furchterregend."

Seit einigen Jahren lebt Hu Fayun nun, gemeinsam mit seiner Ehefrau Yang Jun, in Wien. Ursprünglich wollte er gemeinsam mit ihr im Jänner nach Wuhan reisen: Ob er glaube, dass die chinesische Regierung aus der Sars-Epidemie gelernt habe, wollen wir von Hu Fayun wissen. Er verweist auf sein Buch, darin würde man die Antwort finden. "China hat große Fortschritte gemacht, wenn es um die Medizin geht. Bei Medikamenten, den medizinischen Geräten, der Infrastruktur." Doch in der staatlichen Kommunikation sei Unehrlichkeit noch immer federführend. "Die Kontrolle der öffentlichen Meinung ist strenger und die Mittel dafür sind weiter fortgeschritten", so Hu. Das hätte weitreichende und schlimmere Folgen als damals bei die Sars-Epidemie.

Als die chinesische Führung verkündete, man habe das Virus besiegt, sagt Hu Fayun: „Über Viren kann man nicht triumphieren. Wir können nur versuchen, das Virus einzudämmen, es zu kontrollieren. Sars ist Vergangenheit, Corona die Gegenwart und in Zukunft werden "uns noch eine Vielzahl an 'ungebetenen Gästen' besuchen."

Als die chinesische Führung verkündete, man habe das Virus besiegt, sagt Hu Fayun: Corona selbst sei ein "natürliches Ereignis", eine Naturkatastrophe. Meint Hu Fayun "Aber wie die Regierung damit umgeht, das ist ein politisches Ereignis", so der Autor. "Ich habe immer wieder betont, dass fast alle Katastrophen in China bis zu einem gewissen Grad menschengemacht sind."

Als die chinesische Führung verkündete, man habe das Virus besiegt, sagt Hu Fayun: Jetzt hat es auch Europa getroffen. "Ich lebe seit einigen Jahren in Österreich, ich reise durch Europa, halte Vorträge, mache mir ein Bild von dem Selbstverständnis, das hier herrscht." Ein Selbstverständnis, das Hu Fayun durchaus kritisch betrachtet. Europa und Amerika würden bei der Bewältigung der Corona-Krise vor einer enormen Herausforderung stehen. Wirtschaftlich ging es den Kontinenten über die letzten 30 Jahre gut, die Volkswirtschaften seien immer stärker geworden, die Arroganz sei mitgewachsen. "Man hat geglaubt, nichts könnte einen erschüttern", so Hu, "die Herausforderungen, die aus dem Osten kamen, wurden selbstbewusst bei Seite geschoben."

Als die chinesische Führung verkündete, man habe das Virus besiegt, sagt Hu Fayun: Asien sei als kostengünstige Werkbank gesehen worden, Europa und Amerika schlüpften in die Rolle der "Geschäftsmänner".

Als die chinesische Führung verkündete, man habe das Virus besiegt, sagt Hu Fayun: Und was macht Corona jetzt mit den Menschen in Europa? "Der Schwarze Tod, die Pest, brachte vor Jahrhunderten ein mächtiges und zivilisiertes Europa hervor", sagt Hu Fayun. "Ich weiß nicht, ob Europa auch diesmal solch ein Glück haben wird, solch eine Stärke beweist und diesen Geist hervorkehren kann. Ich weiß es nicht, aber ich wünsche es mir."

Was Hu Fayun in dieser Zeit Hoffnung gibt: die Güte der Menschen.

Anmerkung:

Dieses Interview wurde via E-Mail geführt. Redaktion: Ann-Kathrin Hermes Sprecher Matthias Hofer

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